Zu den Ergebnissen des EU-Gipfels zum Thema Migration sagt die Landesvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Ann-Kathrin Tranziska:
Auf eine europäische Lösung haben wir sehr stark gedrungen und auch gehofft, dass Menschlichkeit, Solidarität, Ordnung stärker seien, als der Drang die Mauern der „Festung Europa“ noch höher zu ziehen. Durch diese Einigung werden die Ursachen von Flucht und Migration abermals nicht gelöst. Statt Fluchtursachen zu bekämpfen, wird der Bevölkerung Europas der Irrglaube einer Lösung vorgespielt. Es ist ein weiterer Schritt in Richtung Abschottung, ganz so als gäbe es Krieg, Folter und Verfolgung nicht, wenn keiner der betroffenen Menschen europäischen Boden erreichen würde. Statt Abschottung und nationaler Alleingänge wären Alternativen zielgerichteter:
- Wichtiger denn je wird es sein, legale Fluchtwege nach Europa und organisierte Asylverfahren zu schaffen, um das Sterben auf dem Mittelmeer unter den Augen Europas zu beenden.
- Eine Reform des Dublin-Systems ist dringend notwendig. Ohne eine gerechte Verteilung von Geflüchteten und Migrant*innen ist weiterer Streit zwischen den Ländern der EU vorprogrammiert.
- Wir brauchen endlich eine ernsthafte Bekämpfung von Fluchtursachen. Dazu gehört ein genereller Stopp von Rüstungsexporten in Krisenregionen oder an Kriegen und Konflikten beteiligte Drittländer, wie zum Beispiel die Türkei oder Saudi-Arabien. Ebenso muss die EU wesentliche Teile ihrer Wirtschafts-, Agrar-, Fischerei- und Handelspolitik neu ordnen, sodass nicht länger Märkte in afrikanischen Staaten zerstört werden. Der Profit Europas auf Kosten der Lebensgrundlagen der Menschen in anderen Teilen der Welt ist neben Krieg und Terror ganz wesentliche Fluchtursache.
- Rückführungen auf See oder die Unterbringung in Internierungslagern in Unrechtsstaaten sind völkerrechtlich unzulässig und keine Lösung. Es wäre ein fatales Zeichen der EU mit den libyschen Machthabern noch intensiver zu kooperieren. Stattdessen brauchen wir eine europäische Seenotrettung und können in der Zwischenzeit nicht auf private Seenotretter*innen verzichten oder diese gar kriminalisieren.
Internierungslager für die Menschen, die den lebensgefährlichen Weg über das Mittelmeer geschafft haben, sind mit Sicherheit kein Weg, auch wenn es die aktuelle Situation für Rettungsschiffe womöglich entschärft. Es ist eine winzige Verbesserung zur Situation jetzt, wo Schiffe wie die „Lifeline“, die eine Vielzahl von Geflüchteten aus dem Mittelmeer gerettet haben, auf Genehmigungen zum Einlaufen in diverse Häfen warten. Diese Lager dürfen auf keinen Fall den Charakter von Gefängnissen haben.
Flucht ist kein Verbrechen! Dass Menschen aufgrund von Krieg, Terror oder Hunger flüchten mussten und traumatische Erfahrungen auf der Flucht machten, wird im aktuellen rechtslastigen Diskurs oft genug vergessen. Egal für welche Art der Erstunterbringung sich Europa entscheidet, funktionieren wird sie nur, wenn damit auch ein geordnetes Verteilungssystem für ganz Europa und folgende gute Integrationsarbeit verbunden sind. Mit einem solchen System muss sich jetzt jede Diskussion um innereuropäische Grenzkontrollen erübrigen und das Schengener Abkommen darf nicht weiter gefährdet werden.
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