LPT 03/2023: Versorgungsstrukturen im Bereich der Geburtshilfe nachhaltig sichern

Viele Krankenhäuser im Land sind vor dem Hintergrund sich überlagernder Krisen und steigender Preise in starke Finanzierungsnöte geraten. Besonders betroffen sind Geburtskliniken und -stationen. Neben einem längerfristigen Trend, der schon seit ca. zwei Jahrzehnten anhält und die Zahl der Geburtsstationen von 25 um die Jahrtausendwende auf 18 im Jahr 2022 reduziert hat (u.a. Wegfall von Kreißsälen in Niebüll, Föhr und Oldenburg), kommt es aktuell zu einem besonders rasanten Verlust von Strukturen. Dazu gehören die Schließung der Geburtsstationen in Rendsburg-Eckernförde, in Henstedt-Ulzburg, die Diskussion um das Marienkrankenhauses in Lübeck und der drohende Verlust der Gynäkologie an der Diako Flensburg.

Klar ist: die Finanzierung von Geburten, wie auch anderen Maßnahmen im Bereich der Frauenmedizin, muss durch den Bund neu aufgestellt werden. Die Geburtshilfe muss im Zuge der Bundesreform auskömmlich finanziert, Teil des Grundversorgungsauftrags und als nationales Gesundheitsziel gestärkt werden. Ein weiterer Abbau der stationären Geburtshilfe in Schleswig-Holstein durch die geplante Krankenhausreform muss aufgehalten werden. Gebärende brauchen Wahlfreiheit UND Sicherheit, deshalb fordern wir eine bessere Verzahnung von stationärer und ambulanter Geburtshilfe.

Neben dem Fallpauschalensystem brauchen wir Grundpauschalen, mit denen die Vorhaltekosten verlässlich abgebildet werden können, und dafür setzen wir uns auf Bundesebene im Rahmen der Krankenhausreform ein. Auch haben wir uns erfolgreich dafür eingesetzt, dass Hebammen im Rahmen des Pflegepersonalentlastungsgesetzes vollständig ins Pflegebudget aufgenommen wurden und Geburtskliniken eine Förderung von 120 Millionen erhalten. Der Fachkräftemangel im Bereich von Gynäkologie und Geburtshilfe stellt ein eklatantes Problem dar, dem wir durch den Ausbau der Studienplätze im Bereich der Hebammenwissenschaften in Schleswig-Holstein begegnen. Angehende Hebammen benötigen während ihrer Ausbildung jedoch gesicherte Plätze bei Praxispartnern mit erfahrenem Fachpersonal – beides, Plätze wie auch Fachpersonal, gehen gerade massiv verloren oder sind gefährdet.

Angesichts der sich aktuell zuspitzenden Situation fordern wir Land und Bund unverzüglich zu weiteren Maßnahmen auf:

  • Verbleibende Strukturen im Bereich der stationären Geburtshilfe im Flächenland Schleswig-Holstein müssen jetzt finanziell gestützt werden;
  • Dazu müssen Länder und Bund einen gemeinsamen Fonds auflegen, der eine Brückenfinanzierung von aktuell akut bedrohten Geburtsstationen ermöglicht;
  • Arbeitsbedingungen und –strukturen müssen so gestaltet sein, dass Fachpersonal gehalten wird;Dabei müssen in der Geburtshilfe vor allem die Hebammen in den Blick genommen werden.
  • Bei wegfallenden Kapazitäten muss das Land sicherstellen, dass andere Geburtsstationen zusätzliche Geburten auch tatsächlich auffangen können. Dabei muss auch darauf geachtet werden, dass es genügend Stationen gibt, wo Hebammen aber auch Pflegekräfte ihre Praxisausbildung erhalten können. Eine Geburt ist ein einzigartiger Moment und sollte in einer möglichst entspannten und vertrauensvollen Atmosphäre stattfinden. Im Zuge zukünftiger struktureller Veränderungen darf es keinesfalls zu einer weiteren, künstlichen Beschleunigung von Geburten (Erhöhung der Kaiserschnittrate oder der Quote eingeleiteter Geburten) kommen;
  • Wir stehen zu einer gut durchmischten Krankenhausstruktur bei der auch die (Re-)kommunalisierung einzelner Krankenhäuser eine Option sein muss;aus unserer Sicht sind hebammengeleitete Kreißsäale ein erfolgsversprechendes Modell. Auch die ausserklinische Geburtshilfe muss bei der Versorgung der Bevölkerung mit im Blick sein. Die Landesregierung soll diese Aspekte auch bei ihrem Qualitätszirkel Geburtshilfe und den Folgeprozessen berücksichtigen.
  • Sicherstellung von zeitnah erreichbaren Kreißsälen (max. 45min). Geburten auf Parkplätzen und in RTW ́s sind kein Zeichen einer modernen Medizin und eines funktionierenden Rettungssystems, sondern ein massiver Mangel bei der geburtshilflichen Versorgung.

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