Sexueller Missbrauch und dessen, heute vor allem über das Internet verbreitete Darstellung, bleibt ein gravierendes, gesellschaftliches Problem. Sexueller Missbrauch findet weiterhin überwiegend im familiären Umfeld statt. Er findet sehr häufig dort statt, wo Abhängigkeitsverhältnisse und Strukturen bestehen, die sexuellen Missbrauch begünstigen und dessen Aufklärung erschweren – beispielsweise in Bildungseinrichtungen oder Sportvereinen. Sexueller Missbrauch findet auch in staatlichen und kirchlichen Einrichtungen statt. Die Bekämpfung und die Aufklärung dieser schrecklichen Taten muss dringend verbessert werden.
Wir müssen alles dafür tun, Kinder vor sexualisierter Gewalt zu schützen. Auch Darstellungen von sexualisierter Gewalt gegen Kinder müssen in aller rechtsstaatlichen Entschlossenheit bekämpft werden. Damit es gar nicht erst zu Gewalttaten kommt, sind präventive Maßnahmen zentral. Wir müssen als Gesellschaft sensibel und aufmerksam auf erste Anzeichen von Gewalt reagieren. Egal ob im Familienumfeld, in der Kita, Schule oder dem Sportverein. In sozialen Netzwerken, Messenger-Diensten oder Chats in Spielen, ist die Kontaktaufnahme von fremden Erwachsenen mit Kindern so einfach wie nie, deshalb ist eine auch digitale Präventionsstrategie seit langem überfällig. Es braucht zudem flächendeckend Fortbildungen von Lehrkräften und Erzieher*innen, Ärzt*innen, den Mitarbeiter*innen der Kinder- und Jugendhilfe und von Familienrichter*innen. Dazu gehört auch die Stärkung von Jugendämtern und Beratungsstrukturen.
Instrumente und Möglichkeiten beim Kampf gegen sexualisierte Gewalt und seine Darstellung gibt es viele – es bedarf endlich der konsequenten Umsetzung eines ganzen Bündels an Maßnahmen, um den Kampf gegen sexuelle Missbrauchsdarstellungen weiter zu verbessern. Hierauf weisen wir seit langem hin, passiert ist jedoch viel zu wenig. Die Strafverfolgung muss effektiviert werden. Dazu gehören unter anderem der Einsatz gut geschulten Personals bei Polizei und Justiz, neueste Bilderkennungssoftware, effektivere Kooperation von Strafverfolgungsbehörden und Plattformen, verbesserte Meldewege und vieles mehr. Der im Koalitionsvertrag verankerte „Pakt für den Rechtsstaat“ muss in allen Bereichen der Justiz- und Strafverfolgung mit Leben gefüllt und entschlossen umgesetzt werden.
Durch reine Strafverschärfungen lässt sich kein Täter von seinem schrecklichen Tun abbringen. Es kommt v.a. auf einen hohen Ermittlungsdruck und ein hohes Verurteilungsrisiko an. Statt die Strafverfolger, insbesondere die Polizei, tatsächlich effektiv bei ihrer teils extrem belastenden Arbeit zu unterstützen, verspricht man ihnen mit der Vorratsdatenspeicherung, die in Deutschland nach höchstrichterlichen Urteilen seit Jahren ausgesetzt ist, erneut ein Ermittlungsinstrument, das mit geltendem deutschem und EU-Recht unvereinbar ist. Das ist rechtspolitisch unlauter und führt eben nicht zu der notwendigen Effektivierung der Strafverfolgung und notwendigen Rechtssicherheit – ganz im Gegenteil. Die organisierten Strukturen der Verbreitung von Missbrauchsdarstellungen sind längst international vernetzt. Unsere Strategie zur Bekämpfung dieser Straftaten muss es daher auch sein, vorliegende Reformvorschläge für das familiengerichtliche Verfahren müssen entschlossen umgesetzt werden.
Als BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sprechen wir uns für ein gesamtgesellschaftliches Vorgehen gegen sexuellen Missbrauch und die lückenlose Aufklärung von sexuellem Missbrauch auch in staatlichen sowie kirchlichen Institutionen aus. Hierbei müssen der Opferschutz sowie die Beratung im Zentrum stehen. Wir erkennen die Bemühungen unter anderem der katholischen Kirche in Deutschland, der EKD und des Zentralrats der Muslime an, den Schutz vor sexualisierter Gewalt zu verbessern. Diese Bemühungen und die notwendige Aufklärung müssen dringend weiter ausgebaut werden. Aus den bereits jetzt schon bestehenden Erkenntnissen müssen die notwendigen, auch personellen Konsequenzen gezogen und Staatsanwaltschaften in die Aufklärung einbezogen werden.
Der Landesvorstand, die Landtagsfraktion und die Bundestagsfraktion werden gebeten, gemeinsam mit den Betroffen sowie ihren Verbänden, Beratungsstellen, Wissenschaftler*innen, Beauftragten, den kirchlichen Einrichtungen und den staatlichen Institutionen weitere Gespräche zu führen und nach gemeinsamen Lösungen suchen, bei denen vor allem die Interessen der Betroffenen im Mittelpunkt stehen müssen.
Daher wollen wir,
- dass auf Landesebene die Aufklärung von sexuellem Missbrauch in staatlichen und kirchlichen Institutionen von Seiten der Politik mit der notwendigen Entschlossenheit vorangetrieben wird.
- dass die „UBSKM-Empfehlungen für die Bundesländer für eine verbesserte Bekämpfung von sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche und ihre Folgen“ vollständig umgesetzt werden.
- dass die Aufklärung zu sexuellem Missbrauch parlamentarisch eng begleitet wird, ähnlich wie bei der Aufarbeitung der Medikamentenversuche in schleswig-holsteinischen Einrichtungen der Behindertenhilfe sowie der Erwachsenen-, Kinder- und Jugendpsychatrien in den Jahren 1949 bis 1975.
- dass die Kapazitäten bei Polizei, Justiz und Staatsanwaltschaft(en) hierfür aufgestockt werden.
- dass es ein sehr viel größeres Angebot an zielgruppenspezifischen Seminaren zu sexualisierter Gewalt sowie Fortbildungsmaßnahmen gibt.
- dass Opferberatungsstellen mit Schwerpunkt auf sexuellen Missbrauch gestärkt werden.
- dass das Opferentschädigungsgesetz konsequent umgesetzt wird.
- dass Landesmittel bereitgestellt werden für Forschung zu sexuellem Missbrauch.
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