Grüne Politiker*innen aus Schleswig-Holstein werben für neue Ziele bei der Bebauung.
„Wir müssen in Schleswig-Holstein davon wegkommen, jeden Tag rund drei Hektar Land zu bebauen!“ Mit diesem Appell legen Ann-Kathrin Tranziska, Landesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, und der Sprecher der Grünen Schleswig-Holsteinischen Landesarbeitsgemeinschaft Bauen & Wohnen, Tafin Ahsbahs aus dem Kreis Pinneberg, konkrete Vorschläge für die Umsetzung Grüner Ziele für die Wohnbebauung in Schleswig-Holstein vor.
„Tatsache ist, dass immer mehr Neubaugebiete auf der grünen Wiese dem wachsenden Wunsch der Menschen nach mehr Natur in ihrer Nähe widersprechen. Das gilt vor allem in Metropolregionen wie der Region um Hamburg“, sagt Ann-Kathrin Tranziska. „Da helfen uns keine Alibi-Debatten, sondern konkretes Handeln vor Ort, etwa mit flächensparsamen Bebauungsplänen.“
„Wohneigentum hilft vielen Menschen, im Alter finanziell unabhängig zu bleiben“, sagt Tafin Ahsbahs. „Es gibt viele Ideen, um die Versiegelung von Flächen zu reduzieren. Unser Ziel ist es, weniger in die Breite zu bauen und stattdessen die Höhe zu nutzen“, sagt der grüne Politiker.
Nachverdichten ist ein weiteres Schlagwort. „Wir wollen dort dichter bauen, wo ohnehin schon gebaut worden ist. Und wir wollen leerstehende Häuser und sterbende Ortskerne wiederbeleben. Städteplanerisch muss es ein Ziel sein, dass die Menschen in dem Ort leben und nicht nur drumherum,“ sagt Ann-Kathrin Tranziska.
„Es ist auch eine soziale Frage, wie wir mit der begrenzten Ressource Boden umgehen. Wir setzen uns dafür ein, dass die Kommunen differenzierte Antworten auf die individuellen Situationen vor Ort finden können. Hierbei ist uns wichtig, dass die Belange und Bedürfnisse der Bürger*innen sowie die Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit die wichtigen Parameter sind. Die Partizipation an der Ressource Boden darf nicht allein eine Frage des Geldes sein,“ so Tafin Ahsbahs.
Einig sind sich die beiden Politiker*innen darin, dass „die Praxis der Erlassung der Bauleitplanung, nach dem Baugesetzbuch durch die Kommunen und Gemeinden, heute wichtiger ist denn je. Denn nur die Kommunen und Gemeinden können unter Berücksichtigung der Situation vor Ort die richtigen Schritte einleiten. Nichtsdestotrotz müssen neue Grundsätze für die Stadt- und Dorfentwicklung Einzug in die Stadt- und Gemeinderäte finden. Hier steht ganz besonders das Flächensparziel, die soziale Teilhabe und die Nachhaltigkeit im Vordergrund.“
Konkret kann dies zum Beispiel mit folgenden Maßnahmen erreicht werden:
- Die „Innenentwicklung vor Außenentwicklung“, die sich aus § 1a Abs. 2 und § 13a BauGB (Baugesetzbuch) ableitet, sollte in den Kommunen stärker bei der Stadt- und Dorfentwicklung gelebt werden.
- Entwicklung und Schutz von zusammenhängenden Grün- und Freiflächen als Luftaus-tauschbahnen mit stadtklimaverbessernder Wirkung, Stichwort Grüngürtelkonzepte.
- Einführung von individuell angepassten Strategien, wie die SoBoN (Soziale Bodennutzung) der Stadt München oder die SoBo Münster (Soziale Bodennutzung) der Stadt Münster.
- Vermehrte Anwendung des Werkzeugs der „städtebaulichen Sanierungsmaßnahmen“ nach § 136 BauGB (Baugesetzbuch) zur Erreichung von Klimaschutz- und Wohnbauzielen.
Ann-Kathrin Tranziska und Tafin Ahsbahs wünschen sich die weitere Debatte, denn: „Wir wissen, dass Neubaugebiete auch künftig noch neu entstehen werden. Aber es wäre vernünftig, die Zahl deutlich zu senken, und zwar schnell, um so auch einen Beitrag zur Bewältigung der Klimakrise zu leisten.“
Hintergrund:
Viele Gemeinden haben ein sehr begrenztes Stadtgebiet. Große Teil der möglichen Baulandflächen sind bebaut. Die Nachverdichtung mit Hilfe von Werkzeugen, wie dem Baulückenkataster oder Flächenumnutzungen, kommt gerade erst so richtig in Gang.
In Bezug auf die Nachhaltigkeit ist immer die Frage, wie etwas gebaut ist. Natürlich ist es auch möglich, dass die Ökobilanz eines Energie-Plus-Einfamilienhauses besser ist als die Öko-Bilanz einer Wohnung im schlecht gebauten Mehrfamilienhaus. Wenn man aber annimmt, dass ein Mehrfamilienhaus im gleichen Standard gebaut wird, dann ist das Mehrfamilienhaus immer besser als das Einfamilienhaus in Bezug auf den Ressourcenverbrauch. Dieses rechtfertigt jedoch nicht pauschal den Abriss alter Einfamilienhäuser, um dort dann Mehrfamilienhäuser zu bauen. Gerade die Sanierung alter Gebäude ist ein wichtiger Schritt bei der Einsparung von Ressourcen.
Darüber hinaus muss auch noch viel im Bereich sozialer Wohnungsbau getan werden, wofür vor allem Mehrfamilienhäuser notwendig sind.
Für Schleswig-Holstein müssen wir uns diese Fragen stellen, aber immer im regionalen Kontext. Denn die Situationen in Pinneberg oder Kiel sind andere als in Itzehoe oder Lentföhrden. Von daher gibt es für uns auch keine pauschale Lösung.
Sicher ist aber, dass wir Grünen dafür eintreten, die verbleibenden Ressourcen zu schonen, auf soziale Gerechtigkeit zu achten und genau abzuwägen, welche Maßnahme in der jeweiligen Situation den größten Nutzen für alle hat.
Um dem Klimawandel bremsen bzw. stoppen zu können, ist die Frage des Wohnens elementar und muss unter allen genannten Aspekten berücksichtigt werden.
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