LPT 23.03.19 – Energiewende und Wasserstoffwirtschaft „made im echten Norden“ 23. März 2019 Die große Koalition in Berlin versagt bei Energiepolitik und Klimaschutz: Große Ziele für die Zukunft ausrufen – aber heute erstmal abwarten und nichts tun. Die große Koalition, die Regierung der einstigen „Klimakanzlerin“, hat zwar das Übereinkommen zum Klimaschutz am 12. Dezember 2015 auf der UN-Klimakonferenz in Paris völkerrechtlich mitbeschlossen. Die Konsequenzen jedoch bleiben aus. Die Politik, heute Klimaschutz und Energiewende voranzutreiben, erstickt in Mutlosigkeit, in Inkompetenz gemischt mit diffuser Bedenkenträgerei und in Verstrickung mit der Fossil-Industrie. Der Handlungsbedarf im Kampf gegen die Klimakrise wird dabei täglich dringender und größer. Während die große Koalition sich um die 20.000 Arbeitsplätze in der deutschen Kohleindustrie sorgt, sagen wir: Die Energiewende hat allein in Schleswig-Holstein mehr an Arbeit geschaffen. Die Energiewende schafft Arbeitsplätze und grünes Wirtschaftswachstum. Die Wirtschaft steht in den Startlöchern, nur der Schuss aus Berlin fällt und fällt nicht. Heute und jetzt ist die Zeit für neue, weitergehende Veränderungen im Energiesektor. Die Norddeutsche Energiewende (NEW 4.0), ein Zusammenschluss von 70 Akteuren aus Wirtschaft und Wissenschaft [new4-0.de], hat viele gute Projekte entwickelt für die schleswig-holsteinische Westküste und Hamburg. Allein es fehlt der wirtschaftliche Rahmen, diese auch erfolgreich umzusetzen. Die Energiepolitik der GroKo ist die Innovationsbremse für die Wirtschaft in unserem Land. H-Tec aus Lübeck und JP Joule aus Reußenköge bauen mittelgroße Elektrolyseure und Wasserstofftankstellen und ermöglichen Wasserstoff-Busse in Nordfriesland. Energie des Nordens mit Windgas Haurup projektieren Elektrolyseure im Megawatt-Bereich, um Windgas in die Gasleitung DeuDan der GasUnie einzuspeisen. Windpark Ellhöft baut einen Elektrolyseur mit Tankstelle für PKW. Der Greentec Campus in Enge-Sande und die Genossenschaft eE4mobile haben sich zu einem bundesweit beachteten Lernort für neue saubere Mobilität entwickelt nach dem Motto: Wir fahren lieber mit Strom vom Deich als mit Öl vom Scheich. Die Firma Wind to Gas Energy, die große Batteriespeicher und Wasserstoffproduktion in Brunsbüttel betreibt, fordert eine ganzheitliche Betrachtung der Energiesektoren. Energiewende erfordere mehr als nur den Ausbau der Erneuerbaren. Mit „Entree 100“ projektiert die Entwicklungsagentur Region Heide Sektorkopplung im industriellen Maßstab [entree100.com], mit Wasserstofferzeugung aus erneuerbarem Strom, regional in Schleswig-Holstein erzeugt. Durch kombinierte Technik, Wärmenutzung u.a. soll der Wirkungsgrad der Elektrolyseur-Prozesse entscheidend angehoben werden. Wasserstoff für das Industriegebiet Brunsbüttel, für die Raffinerie in Hemmingstedt auch für grünen Kraftstoff [synthetic fuels], neue Energieversorgung für ein ganzes Stadtviertel „Quarree 100“. Hier will eine Region zeigen, wieviel Innovation und Wirtschaftskraft in der Energiewende steckt. Es sind diese und zahlreiche weitere Beispiele aus Wirtschaft und Wissenschaft in unserem Land, die uns Mut machen auf eine klimafreundliche Zukunft. Während Andere vor der Energiewende und einer angeblich drohenden Entindustrialisierung Deutschlands warnen, sagen wir GRÜNE Ja! zur Energiewende und den wirtschaftlichen Chancen, die eine engagierte Politik für Energiewende und Klimaschutz eröffnet. Wir GRÜNE wollen die Sektorenkopplung voranbringen. Wir wollen die Stromwende mit Wärme, mit Power to Gas, mit Verkehr und industrieller Produktion und Gewerbe verbinden. Wir haben Vertrauen in die Fähigkeiten, in den Willen, in die Begeisterung der Menschen, die den wirtschaftlichen Erfolg mit dem Klimaschutz verbinden. Wir sagen Ja! zur Energiewende in Schleswig-Holstein. Wir wollen Ökonomie und Ökologie verbinden. Wir denken an die Zukunft und wollen hier und jetzt für uns und die kommenden Generationen handeln. Wir sehen, dass besonders in Schleswig-Holstein innovative Technologien entstehen und viele Entwicklungen mit neuen Ideen für die Energiewende begeistern. GRÜNE Politik setzt bei der Energiewende auf Innovation „made im echten Norden“, womit wir Ökologie und Ökonomie vereinen. Deshalb werden wir Technologien fördern, Anreize zur Erprobung geben und für gute Rahmenbedingungen für marktreife Systeme sorgen. Wasserstoff muss grün sein Wasserstoff [H2] ist nicht per se ökologisch. Vorteile für den Klimaschutz ergeben sich nur dann, wenn seine Erzeugung aus Erneuerbaren Energiequellen stammt. Bis zur Vollversorgung mit Erneuerbaren Energien haben wir noch einen weiten Weg vor uns. 2018 wurden 14 % des gesamten Endenergieverbrauchs (nur im Stromsektor ca. 40 %) aus Erneuerbaren Energien gedeckt. Die direkte Anwendung von Strom ist immer die effizienteste Nutzung. Wasserstoff ist sinnvoll als Lastsenke für die Zeitfenster mit sehr viel EE-Strom und dort, wo wir mit Batterie nicht weiterkommen bzw. wo wir stoffliche Energieträger brauchen. Eine Wasserstoffwirtschaft wird sinnvoll nur dann entstehen können, wenn der Ausbau der EE dynamisch weitergeht. Die Erneuerbaren Energien müssen kontinuierlich und verstärkt ausgebaut werden. Die Verwendung von H2 muss dabei intelligent in ein vielfältiges System von Erzeugung und Verbrauch eingebunden sein. Vielfalt und Technologieoffenheit Die Energiewende wird nur gelingen, wenn wir effizient mit den zur Verfügung stehenden Erneuerbaren Energieträgern Wind, Sonne und Biomasse umgehen. Die Energiewende braucht auf diesem Weg viele Optionen der Anwendung, der Speicherung, des Transports und des Ausgleiches sowohl von Verbrauchsspitzen als auch Erzeugungsschwankungen der Erneuerbaren Energien. Wasserstoff als Alleskönner Wasserstoff wird im Rahmen der Sektorenkopplung ein Energieträger der Zukunft werden. Erzeugt aus erneuerbaren Energien, kann dieser Grüne Wasserstoff einfach mittels Solar- oder Windstrom über elektrolytische Verfahren hergestellt werden und zum anderen sehr leicht ohne CO2-Emissionen seine Energie wieder abgeben (z.B. Brennstoffzelle). Zudem ist Wasserstoff das Ausgangsprodukt für jegliche synthetischen Kraftstoffe und Energieträger (Benzin, Diesel, Kerosin, Methanol, Methan, Ammoniak, Propan, etc.). Das Gasnetz kann als großer Energiespeicher Wasserstoff aufnehmen und an anderem Ort zur Verfügung stellen. Effizienz steigern Die Herstellung von Grünem Wasserstoff und auch jeder weitere Schritt in der Synthese ist mit einem geringeren Wirkungsgrad gegenüber der direkten Nutzung aus elektrischer Energie verbunden. Die Wasserstofftechnologie hat hier vor allem durch intelligente Verknüpfung mit anderen Techniken Entwicklungspotential in Richtung Effizienz. Das gilt sowohl für die Nutzung und Speicherung der bei der Elektrolyse anfallenden Wärme als auch die Konzentration auf die Nutzung der Spitzen der Stromerzeugung für die Erzeugung von Wasserstoff. Sie sollte dort zum Einsatz kommen, wo sie ökonomisch und ökologisch geeignet und effizient ist. Auf kurzer Strecke und leichtem Transport bietet der Batterie-elektrische Antrieb Vorteile, auf längerer Strecke und beim Schwerlastverkehr kommt zunehmend Wasserstoff ins Spiel. Der Preis muss die ökologische Wahrheit sagen Derzeit kostet Grüner Wasserstoff aus Erneuerbaren bedingt durch den regulatorischen Rahmen der Steuern, Abgaben und der fehlenden CO2-Abgabe jedoch ein Mehrfaches des grauen Wasserstoffs, der in Verfahren aus Erdgas gewonnen wird. Neue Technologieentwicklungen bei der Umsetzung der Energiewende sollten jedoch für betriebliche, regionale und überregionale Herausforderungen frühzeitig verfügbar sein. Dafür müssen sie durch eine effiziente, an dem Ziel der Energiewende orientierte politische Rahmensetzung begleitet werden. Wir fordern daher: • Die Besteuerung von Treibhausgasen wie CO2 und Methan muß kommen. Nur so kann der grüne Wasserstoff wettbewerbsfähig werden. • Der Ausbau der Erneuerbaren Energien muß dringend beschleunigt werden. Nur so ist es möglich, die Einhaltung der Klimaziele zu gewährleisten und für bestehende und neue Verbraucher, wie Elektroautos, Wärmepumpen und für die Produktion von grünem Wasserstoff genügend erneuerbaren Strom vorzuhalten. • Die Regularien für zuschaltbare Lasten müssen bei der Umsetzung besser an den der zügigen Umsetzung der Energiewende orientieren. Mit dem ENKO137-Projekt ist das erste Projekt für zuschaltbare Lasten in Schleswig-Holstein in der Umsetzung. Das muss nach der Startphase für Haushalte und kleine Unternehmen erweitert werden. • Wasserstoffgestützte Triebwagen und andere Fahrzeuge des öffentlichen Nahverkehrs bieten sich gerade im Energiewendeland Schleswig-Holstein an. Dies muss sich bei Ausschreibung und Beschaffung niederschlagen. Dabei suchen wir auch die Zusammenarbeit mit unseren dänischen Nachbarn. • Systemfremde Hindernisse für eine zügige Energiewende in allen Sektoren sind zu beseitigen. Dazu gehört sowohl das Ende der Doppelbesteuerung von Speichern und Speichermedien (beim Befüllen und Leeren), als auch die zügige Umsetzung der EU-RED-2-Richtlinie. • Die Umwandlung von Strom in Wasserstoff muss als weitere Option zuschaltbarer Lasten ermöglicht werden. So können wir Solar- und Windstrom nutzen, den der Strommarkt allein nicht nachfragt. • Für grünen Wasserstoff und Erneuerbare Gase ist im Gasnetz ein Einspeisevorrang gesetzlich zu sichern. Der Anteil grünen Wasserstoffs, der im Gasnetz eingespeist werden kann, muss von derzeit 2 Prozent sukzessive erhöht werden. • Der Bau von Gaskraftwerken und anderen an das Gasnetz angeschlossenen Verbrauchern sollte darauf ausgerichtet sein, hohe Anteile Wasserstoff zu verbrennen. • Speichertechnologien für Wasserstoff müssen zeitnah weiter erprobt und entwickelt werden. • Die Beratung und Koordinierung beim Einwerben und dem Einsatz von Mitteln des Bundes und der EU für grünen Wasserstoff soll verbessert werden und mit den Aktivitäten in den Kompetenz- und Demonstrationszentren im Land koordiniert werden. • Die baurechtlichen und emissionsrechtlichen Vorschriften und besonders deren Umsetzung in der Praxis sollen überprüft werden, ob sie den Anforderungen dezentraler Strukturen und der Möglichkeit der Nutzung der Wärmeerzeugung der Elektrolyse genügen. • Auch im Bereich Schiffs- und Schwerlastverkehr ist der Antrieb mit Wasserstoff zu fördern. Mit LOHC steht uns inzwischen eine Speichertechnologie zur Verfügung, die das Entweichen von Wasserstoff