Europäische Agrarpolitik

LPT 23.09.18 – Gemeinsame EU- Agrarpolitik (GAP) ab 2020: Agrar- und Umweltpolitik ist nur gemeinsam in Europa erfolgreich

Der Landesparteitag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN S-H ruft dazu auf, die Agrarreform EU-weit auf Umwelt, biologische Vielfalt, Tierschutz und wirtschaftliche Perspektiven für bäuerliche Betriebe und ländliche Entwicklung auszurichten.

Der Schutz von Artenvielfalt, Gewässern, Böden, Nutztieren/Tieren und Klima muss einhergehen mit attraktiven Arbeitsplätzen und vielfältigen, vitalen Betrieben im gesamteuropäischen ländlichen Raum.

Die gemeinsame Agrarpolitik (GAP) ist das Kernstück des europäischen Einigungsprozesses der letzten Jahrzehnte. Auch darum stellt sie bis heute den größten Posten im EU-Haushalt dar. Das kann nur nach einem Grundsatz wirksam funktionieren: Öffentliches Geld nur für öffentliche Leistung.

Die bisherigen Vorschläge der EU-Kommission für die Reform der EU-Agrarpolitik ab 2020 enthalten positive Ansätze, wie eine stärkere Zielorientierung und die Festlegung von konkreten Indikatoren. Gleichzeitig bleibt sie in Bezug auf verbindliche Vorgaben sehr vage. Dadurch riskiert sie einen Unterbietungslauf in Umwelt- und Klimaschutzambitionen zwischen den Mitgliedstaaten.

Der Landesparteitag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN S-H ruft Bundesländer, Bundesregierung und EU-Parlament dazu auf, sich in den laufenden Verhandlungen zur zukünftigen EU-Agrarpolitik daher für folgende Punkte einzusetzen:

1)Maßnahmen für Umwelt- und gesellschaftliche Ziele nicht schwächen, sondern stärken. Wir wollen erfolgreiche, nachhaltige und zielgerichtete Programme wie Agrar- und Umweltmaßnahmen und ländliche Entwicklung weiter stärken und erbrachte Leistungen ggf. mit einer wirtschaftlichen Anreizkomponente versehen. Kürzungen des EU-Agrarbudgets dürfen nicht zu Lasten der 2. Säule gehen.

2)Alle Mittel der GAP sind europaweit verbindlich an umwelt- und gesellschaftspolitischen Zielen auszurichten.Die Mitgliedsstaaten müssen zu erheblichen und messbaren Fortschritten gegenüber dem Status quo verpflichtet werden. Für die zielgerichtete und wirksame Mittelvergabe in der ersten Säule (etwa die Eco-Schemes) sind Mindestbudgetanteile vorzugeben. Die erzielten ökologischen und gesellschaftlichen Fortschritte sind über die festgelegten Indikatoren zu dokumentieren. Die Europäischen Zahlungen sind an hohe Konditionen zu binden und die Umsetzung muss über ein Sanktionssystem abgesichert werden. Nur so können einheitliche Wettbewerbsbedingungen im europäischen Binnenmarkt erhalten bleiben und gleichzeitig ambitionierte Umwelt- und Gesellschaftsziele erreichet werden.

3)Faire Verteilung der Zahlungen – tatsächlich durchsetzen. Wir begrüßen die Bestrebungen der EU-Kommission die bisher optionale „Umverteilungsprämie“ (Zahlungs-Aufschlag auf die ersten Hektare je Betrieb) für alle Mitgliedsstaaten verpflichtend einzuführen. Vielfältige mittelständische Betriebe sind prägend für die Kultur und Wirtschaft im ländlichen Raum. Wir fordern hierfür ein europaweit verbindliches Mindestbudget von 30% der Direktzahlungen (Nach Abzug von Umschichtungsmitteln in die zweite Säule und von Mitteln für spezielle Öko-Regelungen „Eco-Schemes“) Die EU Kommission schlägt vor die Direktzahlungen oberhalb von 60000 Euro zu kürzen und bei 100000 Euro zu kappen.

4) Risikoabsicherung geht anders-Keine Förderung für Risikoversicherungen mit öffentlichen Geldern der EU Agrarpolitik, denn diese Instrumente zielen nicht darauf ab, Risiken zu vermeiden, sondern die finanziellen Auswirkungen von Risiken für die teilnehmenden Betriebe kalkulierbarer zu gestalten. Das stärkt nicht nur die Versicherungswirtschaft, sondern fördert nur die zunehmende Exportorientierung unserer Land- und Ernährungswirtschaft. Aufgabe der Europäischen Agrarpolitik ist es,Risiken, wie etwa Marktkrisen, durch vorausschauende, zeitgerechte und präventive Maßnahmenzu verhindern oder mindestens abzumildern.

5) Märkte funktionieren, wenn der Preis die ökonomische, ökologische und soziale Wahrheit sagt

Die Kosten der landwirtschaftlichen Erzeugung und die Umsetzung der drängenden Herausforderungen für Soziales, Umwelt, und Tierwohl müssen durch faire Preise am Markt getragen werden. Bei vielen landwirtschaftlichen Erzeugnissen haben Marktkrisen und Dumpingpreise dazu geführt, dass viele Betriebe ausgeblutet sind. Marktkrisen, wie etwa im Bereich der Milch 2015/16, nimmt die EU Kommission nicht zum Anlass um in der Gemeinsamen Marktorganisation wirksame kostenneutrale Maßnahmen zur Vermeidung solcher Marktkrisen einzuführen, Marktbeobachtung auszubauen und ein direktes Eingreifen bis hin zu befristeten wirksamen, mengenbegrenzenden Maßnahmen umzusetzen. Exportorientierung auf Weltmärkte und ohne Verantwortung für Krisenvermeidung innerhalb der Union – nicht mit uns/tragen wir nicht mit.

6) Verpflichtende Kennzeichnung und Weiterentwicklung des Tierwohls

Es ist nicht erkennbar, wie die EU- Kommission eine verpflichtende Lebensmittel-Kennzeichnung für unterschiedliche Qualität der Erzeugungsweise voran bringen will. Verbraucher bekämen so endlich die Wahlfreiheit für tägliche verlässliche Kaufentscheidungen. Bauerinnen und Bauern würde so endlich ein Wechsel zu Abnehmern und Verarbeitungsunternehmen mit einem gezielten qualitativ hochwertigerem Angebot möglich.

Wir fordern als ersten Schritt für tierische Lebensmittel aus Fleisch, Milch und – analog der Herkunftskennzeichnung beim Ei – eine verbindliche staatliche Kennzeichnung einzuführen. So kann z.B. der Mehrwert von Weidehaltung für Klima, Artenvielfalt und Tierwohl sowie die Zucht und der Erhalt und robuster am Standort angepaßter Haustierrassen gestärkt werden.
Die Tierhaltung in ihrer sehr intensiven Form stößt an ihre ökologischen Grenzen und verursacht zu viel Gülle und Treibhausgase. Der Tierbestand muss daher auch in Schleswig-Holstein auf ein verträgliches Maß reduziert werden, wodurch auch weniger Tiertransporte nötig sind.

7) Gemeinsame Agrarpolitik muss der internationalen Verantwortung gerecht werden- Nur ein Fairer Handel ist ein freier Handel

Die EU Kommission behauptet in ihrer Mitteilung von November 2017, dass die GAP „jetzt und in Zukunft im Einklang mit der EU Entwicklungspolitik“ stehe. Auch kommissionsinterne Studien belegen das Gegenteil. Eine kohärente GAP muss die entwicklungspolitischen Ziele der Agenda 2030 der Vereinten Nationen berücksichtigen unddie Beendigung von Armut und Hunger und Fluchtursachen in den Vordergrund stellen. Lebensmittel, die aus der EU zu Dumpingpreisen ins außereuropäische Ausland exportiert werden, gefährden unmittelbar die lokalen Märkte, insbesondere in Ländern des globalen Südens. Die GAP trägt damit auf direkte und indirekte Weise dazu bei, dass Produzentinnen und Produzenten ihrer Existenzgrundlage beraubt werden.

Wir fordern die Destabilisierung der Agrarstruktur auch in Ländern des Globalen Südens mit einer Gemeinsamen Agrarpolitik, die auch auf ihre internationalen Verantwortung ausgerichtet ist, zu beenden. Nur so kann eine wichtige Ursache für Flucht und Migration in wirtschaftlich stabilere Weltregionen überwunden werden.

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