LPT 5/2024: Keine Profite mit unserer Gesundheit! 6. Mai 202416. Juli 2024 Unser Gesundheitssystem – das haben nicht zuletzt die Folgen der Pandemie gezeigt – ist aktuell weder zukunftsfähig noch gerecht. Es wird Aufgabe verantwortungsbewusster Politik der kommenden Jahre sein, das System so zu verändern, dass die Menschen und ihre Bedürfnisse wieder im Zentrum der Versorgung stehen. Es zeigt sich, dass ein Vertrauen auf die Gesetze der Marktwirtschaft im Gesundheitssystem nicht unbedingt dafür sorgt, dass Patient*innen gut und bedarfsorientiert behandelt werden. Stattdessen haben zunehmende Ökonomisierung und Privatisierung in den letzten Jahrzehnten dazu geführt, dass sich das medizinische Angebot allzu häufig nicht an dem ausrichtet, was notwendig ist, sondern daran, was Profit verspricht. Wenn Gesundheitseinrichtungen in der Hand privater Träger (also häufig großer Börsenunternehmen) sind, verdienen die Anteilseigner*innen an den Gewinnen, die dann mit der Gesundheitsversorgung erwirtschaftet werden müssen, teils Renditen im zweistelligen Bereich. Das erhöht nicht nur den Druck, besonders wirtschaftlich zu arbeiten und in einem Vergütungssystem mit vielen Fehlanreizen gewinnorientiert zu handeln, sondern sorgt auch dafür, dass langfristig Versorgungsqualität und Arbeitsbedingungen leiden. Die Menschen verlieren hier dreifach: Einmal als Patient*innen, deren Wohl nicht zu selten im Konflikt zu Profitinteressen steht, zweitens als Beitragszahler*innen, wenn ihre Mitgliedsbeiträge am Ende des Tages für höhere Renditen statt bessere Versorgung ausgegeben werden und drittens, wenn Beschäftigte unter teils prekären Bedingungen arbeiten müssen – denn auch ausbeuterische Arbeitsverhältnisse machen krank und dürfen nicht länger Normalität in unserem Gesundheitssystem sein. Ohne eine politische Idee eines Gesundheitssystems, dass den Menschen wieder ins Zentrum rückt, müssen Patient*innen und Personal weiter für sich selbst kämpfen. Wir sehen es als unsere Aufgabe, für sie zu kämpfen und diese Ideen zu formulieren. Die Orientierung am Patient*innenwohl darf nicht weiter hinter die finanziellen Interessen von Investor*innen zurückfallen. Denn wo man ökonomischen Akteur*innen zu sehr das Feld unserer Gesundheit überlässt, leidet am Ende eben diese. Doch es geht auch anders: Denn das System, wie es heute ist, ist nicht alternativlos. Gesundheitliche Versorgungs- und Finanzierungsstrukturen müssen so verändert werden, dass sie patient*innenorientiert und gerecht sind und die Menschen und ihre Bedarfe in den Mittelpunkt stellen. Dafür darf eine gute und bedarfsgerechte Versorgung nicht allein dem Markt überlassen werden, sondern muss gemeinwohlorientiert sein. Der Trend zu Ökonomisierung und Privatisierung muss umgekehrt und die Finanzierungsmechanismen reformiert werden, damit das Gesundheitssystem seinem gesellschaftlichen Auftrag nachkommen kann. Damit das gelingt, dürfen die Kommunen mit der dauerhaften Finanzierung öffentlicher Gesundheitseinrichtungen nicht allein gelassen werden und nicht zuletzt muss langfristig eine solidarisch finanzierte Bürgerversicherung das Ziel sein, damit jede*r unabhängig vom Einkommen die notwendige Versorgung bekommt. In einem so wichtigen Bereich des Lebens muss es öffentliche Aufgabe sein, zu verhindern, dass einige Wenige Profite auf dem Rücken von Patient*innen und Personal machen. Wir verstehen es als unsere politische Aufgabe, für ein solidarisches und gemeinwohlorientiertes Gesundheitssystem zu streiten, das Teil der Überwindung sozialer Ungerechtigkeiten ist, statt sie zu festigen.