LPT 5/2024: Abschiebungen nach Iran sofort stoppen!

Der Abschiebestopp für den Iran ist in Deutschland zum 31.12.23 ausgelaufen und
wurde von der Innenminister*innenkonferenz nicht verlängert. Noch schlimmer: Das
Thema hat es noch nicht einmal auf die Tagesordnung geschafft. Und das, obwohl
sich an der politischen Situation in Iran nichts verändert hat.

Wir fordern die politischen Entscheidungsträger*innen aller Parteien in Land und
Bund auf, sich für eine dringend notwendige bundesweite Erneuerung des
Abschiebestopps in den Iran einzusetzen.

Die Menschenrechtslage in Iran ist hoch problematisch: Ethnische, religiöse und
gesellschaftliche Minderheiten, besonders Kurd*innen, Belutsch*innen und Bahá’í
werden systematisch unterdrückt und diskriminiert. Meinungs- und Pressefreiheit
existieren nicht. Einfache Meinungsäußerungen oder die Teilnahme an
Demonstrationen können massive Verfolgung und Tod bedeuten. Zudem werden die
Rechte von Frauen und weiblich gelesenen Menschen gesetzlich massiv beschnitten.
Nicht selten trifft die Gewalt jedoch auch willkürlich gewählte Personen, nur um
Exempel zu statuieren. Vor Gericht gibt es keine rechtsstaatlichen Verfahren.
Oft werden in Schnellverfahren Geständnisse unter Folter erzwungen und
sexualisierte Gewalt findet Berichten zufolge in iranischen Gefängnissen
regelmäßig statt. Hinrichtungen sind an der Tagesordnung und werden als Werkzeug
der Einschüchterung und Unterdrückung verwendet.

Oft kommt es nach solchen Scheinprozessen zu der Verhängung einer langen
Haftstrafe oder der Todesstrafe. Im Jahr 2022 wurden im Iran nahezu 600 Menschen
den offiziellen Zahlen zufolge hingerichtet. 2023 waren es mehr als 800
Hinrichtungen. Die Menschen sind der Willkür des iranischen Regimes ausgesetzt.
Am 23.01.2024 wurde beispielsweise der 24-jährige Mohammad Ghobadlou
hingerichtet. Er war einer der ersten Iraner*innen, die bei den Protesten nach
dem Tod von Jina Mahsa Amini im Herbst 2022 inhaftiert worden waren.

Seit dem Tod der 22-jährigen Kurdin Amini in der Gefangenschaft der iranischen
Revolutionsgarden gehen landesweit tausende Iraner*innen auf die Straße und
kämpfen weiter auf vielfältige Weise für Demokratie und Freiheit. Die Menschen
gehen auf die Straße trotz der allgegenwärtigen Gefahr, das mit ihrem Leben zu
bezahlen. Tausende Demonstrant*innen wurden seit Beginn der Proteste
festgenommen, viele Menschen wurden hingerichtet. Sie sind Held*innen des
Kampfes für Demokratie und Menschenrechte, denen unsere volle Solidarität gelten
muss. Auch in
Deutschland haben sich tausende Menschen mit ihnen solidarisiert. Die
Iranischstämmigen unter ihnen sind sogar in Deutschland mit Angriffen und
Einschüchterungsversuchen konfrontiert und müssen im Falle einer Abschiebung
auch diesbezüglich Repression und Verfolgung befürchten.

Parteiübergreifend haben in Deutschland Politiker*innen Patenschaften für
politische
Gefangene in Iran übernommen. Die in Iran inhaftierte Menschenrechtlerin Narges
Mohammadi wurde 2023 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Dies sollte ein
klares Bekenntnis Deutschlands und der Weltgemeinschaft sein, den Freiheitskampf
der iranischen Bevölkerung anzuerkennen und die Menschenrechte in Iran zu
verteidigen. Aktuell müssen wir leider feststellen, dass die Bevölkerung in Iran
den gefährlichen und oft tödlichen Kampf gegen das mörderische Regime weiterhin
allein ausfechten muss.

Diejenigen, die in der Hoffnung auf Schutz vor Repression und
Menschenrechtsverletzungen nach Deutschland geflüchtet sind, zu schützen, ist
das Wenigste, was Deutschland und Schleswig-Holstein machen können, um einen
Beitrag zu einer beispiellosen Bewegung für Demokratie, Frauen- und
Menschenrechte in der Region zu leisten. Menschen in ein Land abzuschieben, in
dem es keinerlei Garantie für die Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien gibt
und in dem bei kleinster Kritik willkürliche Verhaftungen, Folter und
Todesstrafe drohen, ist verantwortungslos und absolut unvereinbar mit unseren
Werten.

An der BAMF-Entscheidungspraxis wird deutlich, dass das reguläre Asylverfahren
nicht
ausreicht, um den notwendigen Schutz dieser Menschen zu gewährleisten: Das
Bundesamt lehnte im Jahr 2023 mehr als die Hälfte der Asylanträge iranischer
Staatsangehöriger ab. Selbst die bereinigte Schutzquote liegt nur bei 45,6%.

Daher fordern wir die Innenminister*innenkonferenz dazu auf, auf ihrer
Frühjahrskonferenz den bundesweiten Abschiebestopp erneut zu beschließen, um
geflüchteten Iraner*innen einen angemessenen Schutz in Deutschland und
Schleswig-Holstein zu bieten. Die schleswig-holsteinischen Amts- und
Mandatsträger*innen werden gebeten, dieses Ansinnen entsprechend zu adressieren
und sich dafür einzusetzen, dass die Erneuerung des bundesweiten Abschiebestopps
nach Iran auf der Tagesordnung der nächsten IMK zu finden ist und von allen
Ländern mitgetragen wird.

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