Biologische Vielfalt in Schleswig-Holstein erhalten

Fast die Hälfte der Tier- und Pflanzenarten Schleswig-Holsteins sind im Bestand stark zurückgegangen und gelten als gefährdet. Besonders betroffen sind z.B. Insekten und Vogelarten der Agrarlandschaft wie Rebhuhn, Kiebitz und Feldlerche. Knapp 1.000 Arten gelten inzwischen sogar als ausgestorben oder verschollen. Grund dafür sind eine immer weiter intensivierte Nutzung der Land- und Meeresflächen, die z.B. zu einem Rückgang von artenreichem Grünland und vielfältigen Strukturen wie Knicks führten, sowie eine großflächige Überdüngung.

 

Der aktuelle Entwurf der Strategie zur Erhaltung der biologischen Vielfalt in Schleswig-Holstein will diesen Trend stoppen. Die Landesarbeitsgemeinschaft Natur und Umweltschutz und der Landesverband von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Schleswig-Holstein begrüßen und unterstützen diesen Entwurf und fordern, einige Eckpunkte der schleswig-holsteinischen Biodiversitätsstrategie noch klarer zu formulieren und diese Strategie konsequent und schnellstmöglich umzusetzen. Die hierfür zuständigen Ministerien und Behörden sind dazu mit den entsprechenden personellen und finanziellen Mitteln auszustatten.

 

Die folgenden Eckpunkte zur Erhaltung der biologischen Vielfalt in Schleswig-Holstein tragen wir uneingeschränkt mit:

 

  • Jeweils ein Drittel der Schutzgebietsfläche sollen Nullnutzungsgebiete sein, in denen (Pflege-) Maßnahmen höchstens stattfinden dürfen, um das Ökosystem zu erhalten (z. B. Plaggen von Heideflächen, Mahd oder Beweidung von Wertgrünland). Zwei Prozent des Landes sollen Wildnisgebiete ohne jeglichen menschlichen Eingriff werden.
  • Die Wirkung von Pestiziden um 50 Prozent, den Düngemitteleinsatz um 20 Prozent verringern; Beratungsleistungen für Landwirt*innen zur Verringerung der Pflanzenschutzmittel-Einträge verstärken; Aufklärung und Überwachung (Ordnungsrecht) intensivieren
  • Verbot von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln in Naturschutzgebieten
  • Schutz von Gewässern vor Überdüngung: Stickstoff- und Phosphoreinträge in allen Gewässern landesweit um ein Drittel verringern (rund 269 Tonnen jährlich bei Phosphor, knapp 5.000 Tonnen bei Stickstoff); Alle Kläranlagen werden dazu langfristig mit einer Phosphat-Fällung ausgestattet
  • Für die in die Ostsee mündenden Gewässer werden zusätzliche Extensivierungen und Maßnahmen zur Verbesserung des Nährstoffrückhalts (z.B. Gewässerrandstreifen, Wiedervernässungen) auf bis zu zwei Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche umgesetzt (Beispiel: Modellregion Schlei)
  • Zwei Drittel der Fließgewässer werden für Fische und wirbellose Tiere durchgängig gestaltet
  • Attraktive Vertragsnaturschutz-Angebote für die Umwandlung von Acker- in Grünland auf Moorböden
  • 26.000 ha Moorböden im Stiftungsbesitz und 8000 ha Arrondierungsflächen wiedervernässen
  • Vertragsnaturschutz-Angebote für Randbereiche sensibler Ökosysteme wie Gewässer, Moore und Wälder
  • Einrichtung von nutzungsfreien Naturwäldern einschließlich Altbaumrefugien in den schleswig-holsteinischen Landesforsten; Vertragsnaturschutz für Altbaumrefugien in Privatwäldern
  • Schaffung von Feuchtwäldern durch die Revitalisierung des natürlichen Landschaftswasserhaushalts
  • Entwicklung eines waldbezogenen Insektenschutzkonzepts
  • Fördermaßnahmen für Pufferzonen (Ökotone) zwischen sensiblen Lebensräumen (Dünen, Wäldern, Gewässern, Mooren) und landwirtschaftlich genutzten Flächen
  • Pflegemaßnahmen für Rohbodenhabitate (Plaggen, Entkusseln)
  • Zehn Prozent der landwirtschaftlich genutzten Flächen, insgesamt rund 100.000 Hektar, sollen bis 2030 extensiv bewirtschaftet werden, vor allem durch Erhöhung der Vertragsnaturschutz-Flächen
  • Förderung von Modellbetrieben „Ökosystemleistungen“ und „Landschaftspflegehöfen
  • Verbundstrukturen zwischen Siedlung und Offenland schaffen
  • Modellprojekt zur biodiversitätskonformen Gemeinde- bzw. Stadtentwicklung starten
  • Artenschutzprogramm: Verbesserung des Schutzes von gefährdeten europäischen Arten und solchen Arten, für die Schleswig-Holstein eine besondere Verantwortung hat
  • Einführung eines Insektenschutz- und Insektenmonitoringprogramms
  • Entwicklung und Fortführung von Programmen und Konzepten zu konfliktträchtigen Arten wie Wolf, Gänsen, Biber und Kormoran
  • Personalaufstockungen bei den Umsetzungsorganisationen und -behörden (untere Naturschutzbehörden, Nationalparkamt, integrierte Stationen)
  • Ehrenamtliche Strukturen und die Nachwuchsförderung stärken
  • Einführung eines hauptamtlichen Ranger*innen-Netzwerks
  • Bildungsinitiative Biodiversität
  • Barrierefreie Naturerlebnis-Modellprojekte

 

Bei den folgenden Eckpunkten fordern wir effizientere Maßnahmen:

  • 30 Prozent der Landfläche und der Meeresgebiete sollen auch nach Zielen der EU unter Schutz gestellt werden. In der Biodiversitätsstrategie ist von „grün-blauer Infrastruktur“ die Rede. Das reicht uns nicht aus. Wir fordern die Ausweisung als Schutzgebiete, d.h. als Nationalpark, Naturschutzgebiet, EU-Vogelschutz- oder FFH-Gebiet.
  • Ökologische Landwirtschaft: Im Entwurf der Biodiversitätsstrategie wird ein Ziel von 15 % Ökolandbaufläche bis 2025 genannt (148.000 Hektar), wir fordern als Ziel eine Erhöhung auf 30 % (300.000 ha) bis 2030
  • Senkung des täglichen Flächenverbrauchs in SH bis 2030 von derzeit 3,2 Hektar auf unter einen Hektar statt der in der Biodiversitätsstrategie genannten 1,3 Hektar
  • Effiziente Überwachung von naturschutzfachlichen Vorgaben (z. B. Betretungsverbot in Brutgebieten, Düngeverbot in Naturschutzgebieten) und Ahndung von Verstößen

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