LPT 24.03.19 – Tierschutz darf nicht an Grenzen enden

Schon lange sind vielen Menschen die Zustände bei Tiertransporten insbesondere in bestimmte außereuropäische Drittstaaten ein Gräuel. Die Berichte der letzten Wochen haben uns einmal wieder deutlich vor Augen geführt, dass es noch keine ausreichenden Mechanismen zur Kontrolle des Tierschutzes bei diesen Transporten und in den Zielländern gibt. Die Bilder leidender Rinder auf tagelangen LKW-Fahrten und unhaltbarer Zustände auf Schlachthöfen vor Ort sind unerträglich und sind unvereinbar mit den Zielen des Tierschutzes in Deutschland und der EU. Die aktuellen wirtschaftlichen Zusammenhänge, in denen sich der Import von Lebendtieren günstiger für Drittländer darstellt als der Import von Fleisch, das nach unserer ethischen Vorstellungen hergestellt wurde, hat ein System geschaffen, in dem Tiere mit ihrem Leid den Preis zahlen. Jeder Transport von Tieren von über acht Stunden Dauer ist für uns nicht mit dem Verfassungsauftrag Tierschutz vereinbar. Für uns ist klar: Kein Wegsehen! Tierschutz darf nicht an der EU-Außengrenze enden.

Zu Recht wollen Veterinär*innen nicht länger die Verantwortung für Tierleid auf den ewig langen Transporten quer durch Europa und die Anrainerstaaten übernehmen und haben die Problematik erneut in die Öffentlichkeit getragen.

Wir begrüßen die jüngsten Erlasse des MELUND, mit denen Schleswig-Holstein als erstes Bundesland die Problematik erkannt und eine Vorreiterrolle bezüglich des konsequenten Vorgehens gegen Tiertransporte in bestimmte Länder eingenommen hat. Der vorübergehende Transportstopp in die Länder Türkei, Jemen, Libanon, Marokko, Algerien, Ägypten, Aserbaidschan, Syrien, Jordanien, Kasachstan, Kirgistan, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan war ein erster Schritt, um die genehmigenden Veterinär*innen in der aktuellen Diskussion zu schützen. Mit dem darauffolgenden unbefristeten Erlass drängt das MELUND zum Schutz der transportierten Tiere nochmals ausdrücklich und nachhaltig auf die konsequente Einhaltung der EU-Tiertransportverordnung. Schleswig-Holstein hat damit neben Bayern und Hessen eine Vorreiterrolle beim Thema Tierschutz auf Transporten eingenommen.

Diese Erlasslage kann jedoch nur ein Zwischenschritt zu einer dauerhaften politischen Lösung sein. Entsprechend hat das MELUND einen Antrag für die nächste Agrarministerkonferenz formuliert, der den Bund zum Handeln auffordert, Tiertransporte drastisch einzuschränken oder jedenfalls substantielle Verbesserungen für die Tiere auf dem Transport und eine Einhaltung von Tierschutzstandards in den Zielländern sicherzustellen. Die Bundesregierung ist jetzt in der Verantwortung: Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner muss für die längst überfällige Klärung der Rechtslage sorgen und den Veterinär*innen Rechtssicherheit verschaffen. Nur durch eine bundesweite Regelung kann zudem verhindert werden, dass Transporte von Tieren aus Schleswig-Holstein über andere Bundesländer abgefertigt werden. Wir Grüne fordern Frau Klöckner auf, das Tierleid zu beenden.

Auch die EU sehen wir in der Pflicht, einheitliche Regelungen und Mittel zur Kontrolle zu schaffen. Darüber hinaus müssen effektive Vorschriften und Kontrollen zur Gewährleistung des Tierschutzes für alle Tiertransporte erlassen werden. Deshalb unterstützen wir das MELUND bei den Bemühungen auf bundes- und europäischer Ebene, insbesondere bei der EU-Verordnung 1/2005, für eine deutliche Verbesserung des Tierschutzes und dessen Durchsetzung. Wir fordern daher:

1. Ein Exportverbot von Tieren zur Schlachtung in Drittländer.

2. Einen grundsätzlichen Stopp des Exports von Zuchttieren und die Umstellung auf Samen- bzw. Embryoexporte zur Zucht in Drittländer.

3. Innerhalb der EU eine deutliche Reduktion der Anzahl der Transporte und die Beschränkung der Transportdauer auf maximal acht Stunden.

4. Ein lückenloses Netzwerk von Kontrollstellen auf den Transportrouten innerhalb der EU, sowie die überprüfbare Gewährleistung von Versorgungsstationen auf den Transportrouten.

5. Die konsequente Nutzung moderner Technologien zur Überwachung der Bedingungen auf den Transporten und eine Aussetzung der Transporte bei vakanten Temperaturen wie z.B. über 30° C.

Solange diese Forderungen noch nicht umgesetzt sind, fordern wir für Transporte in Drittstaaten weiterhin:

1. Ausnahmen für einen Export von Zuchttieren oder eine Überschreitung der Höchstdauer von acht Stunden dürfen nur in gut begründeten Fällen und für sehr gut überwachte Transporten erlassen werden. Insbesondere muss eine positive Beurteilung über die Einhaltung der Bestimmungen der VO(EG) Nr.1/2005 bis zum Bestimmungsort auch außerhalb der EU vorliegen und darf Nachteiliges aus vorherigen Transporten nicht bekannt sein. Die Einhaltung der Bestimmungen ist unmittelbar am Ziel zu kontrollieren.

2. Ein europäisches Zertifizierungssystem für Kontrollstellen, Versorgungsstationen und Schlachthöfe in Drittstaaten, mit dem die Standards des europäischen Tierschutzes auch jenseits der Außengrenzen effektiv sichergestellt werden können.

3. Die zügige Abfertigung an der EU-Außengrenze und die Errichtung von Versorgungseinrichtungen für den Fall von Verzögerungen.

4. Ein europäisches Informationssystem zur Sammlung von Daten und Fakten über Tierschutzverstöße bei Transporten oder Schlachtungen in Drittstaaten. Hieran sollen auch NGOs beteiligt werden.

5. Möglichkeiten zur Untersagung von Transporten in Drittstaaten mit auffällig negativen Einträgen zu Tierschutzverstößen im europäischen Informationssystem.

6. Das Ende von Exporten in Länder, in denen EU- bzw. OIE-Tierschutzstandards nicht gewährleistet werden können.