LPT 5/2024: Für mehr Gerechtigkeit und Effizienz: Reform der Erbschaft-und Schenkungsteuer

Obwohl in Deutschland das private Vermögen stetig ansteigt, ist das
Steueraufkommen aus der Erbschaft- und Schenkungsteuer verhältnismäßig gering.
Von dem jährlich übertragenen Vermögen im Wert von etwa 250-400 Mrd. EUR betrug
das Steueraufkommen bis 2020 ca. 4-8 Mrd. EUR pro Jahr, im Jahr 2021 ca. 11 Mrd.
EUR. Dies entspricht einer effektiven Besteuerungsquote von ca. 1-4,4 %.

Gleichzeitig geht die Vermögensschere seit den 1970er Jahren immer weiter auf,
sodass Deutschland heute mit die ungleichste Vermögensverteilung in Europa
aufweist. Soziologen wie Thomas Piketty qualifizieren Deutschland das zweite Mal
als „Erbengesellschaft“ (das erste Mal war das vor dem Ersten Weltkrieg der
Fall), in der Erbe aktuell 51% des Anteils am privaten Gesamtvermögen ausmacht
(1975: 22%).

Ziel der grünen Erbschaft- und Schenkungsteuerreform ist, Gerechtigkeitslücken
im vorhandenen System zu schließen. Hierbei soll insbesondere die Besteuerung
großer Vermögen im Fokus liegen, sodass die Erbschaft- und Schenkungsteuer
zukünftig in relevantem Maße zur Staatsfinanzierung beiträgt.

Wir fordern eine ernst zu nehmende Erbschaftsteuerreform anzustoßen. Die vielen
Ausnahmen und teilweise zur kompletten Steuerbefreiung führenden
Verschonungsregelungen sollten abgeschafft werden (mit Ausnahme des Schutzes
von Familienheimen und der weiteren in § 13 ErbStG genannten Fälle, wie z.B.
Zuwendungen für die Ausbildung). Die Besteuerung darf real nicht wie heute
regressiv sein. Das heißt wer mehr erbt, sollte prozentual nicht weniger zahlen,
als der*diejenige, der*die weniger erbt. Wir prüfen derzeit beispielsweise den
Vorschlag eines einheitlichen Steuersatzes von 25% oberhalb des Freibetrags.
Hierdurch käme es zu einer indirekten Progression, d.h. je weniger der
Freibetrag überschritten wird, desto weniger Steuern fallen auch an. Wer
weniger erbt, soll – wie heute schon durch Freibeträge häufig der Fall – keine
Erbschaftssteuer zahlen müssen. Hier prüfen wir die Ersetzung der vielen
unterschiedlichen Freibeträge durch einen einheitlichen erwerbsbezogenen
Lebensfreibetrag von mind. 1 Mio. EUR. Die Herausforderungen bei der Vererbung
von Betriebsvermögen sind uns sehr bewusst. Wir wollen Unternehmen und
Arbeitsplätze nicht durch kurzfristige Liquiditätsengpässe wegen zu leistender
Erbschaftssteuerzahlungen gefährden. Daher schlagen wir großzügige
Stundungsregelungen von z.B. 15 Jahren vor.

Unser Fokus ist die Besteuerung großer Erbschaften:

  • Wir ermöglichen jeder Person, im Laufe des Lebens einen erwerbsbezogenen
    Lebensfreibetrag von mind. 1 Mio. EUR steuerfrei zu erben oder geschenkt
    zu bekommen, egal in welcher Form (Immobilien, Geld, Unternehmensanteile
    etc.).
  • Die Erbschaftsteuer soll so nur die größten Erbschaften treffen. Wir gehen
    von max. 3% der Bürger*innen, ausschließlich Millionener*innen, aus, die
    nach der Reform betroffen sein werden.
  • Jede Person kann den gleichen Betrag steuerfrei erben oder geschenkt
    bekommen, unabhängig von Verwandtschaftsverhältnissen und Zeitpunkt des
    Erbes oder der
    Schenkung.
  • Das Erbe des Familienheims, Zahlungen für Unterhalt und Ausbildung etc.
    bleiben steuerfrei (s. § 13 ErbStG).

Wir schützen Arbeitsplätze und Unternehmen:

  • Wir sichern den Fortbestand von Unternehmen, indem wir die Stundung der
    Steuer für illiquide Vermögensgegenstände (z.B. Betriebsvermögen und
    Immobilien) z.B. über 15 Jahre ermöglichen. So können jährlich niedrige
    Beträge gezahlt werden, die im Regelfall aus Unternehmensgewinnen gedeckt
    werden.
  • Arbeitsplätze werden nicht gefährdet.

Der Landesparteitag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Schleswig-Holstein unterstützt die
Forderung, einen substantiellen Reformvorschlag zur Erbschaft- und
Schenkungsteuerreform in das Bundestagswahlprogramm 2025 aufzunehmen, der auf
dem Beschluss der BAG Wirtschaft & Finanzen basiert.

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