Sozial gerechte Klimawende in Schleswig-Holstein: Armut bekämpfen, Klima schützen!

Globale Klimakrise, wachsende soziale Ungleichheit und Armut. Die zentrale Aufgabe unserer Gesellschaft heißt heute mehr denn je: Sozial gerechte Klimawende! Wir GRÜNE stehen für eine Politik, die Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit konsequent zusammendenkt. Wir setzen uns ein für eine nachhaltige und gerechte Gesellschaft und nehmen unsere politische Verantwortung ernst, gemeinsam die Wege für eine sozial-ökologische Gesellschaft zu skizzieren. Für uns ist klar: Klimapolitik ist Sozialpolitik!

Warum können Konzerne Milliarden am Fiskus vorbeischaffen? Warum werden kleine Cafés klaglos einem völlig ungerechten Steuervorteil großer Ketten ausgesetzt? Warum fokussiert sich die Debatte um Gerechtigkeit so oft auf Punkte, bei denen versteckt wieder die Privilegien der Reichen verteidigt werden? Werden zum Beispiel Kraftfahrstoffe vergünstigt, profitieren vor allem die Besserverdiener. Es sind seltener die einkommensschwachen Haushalte, die verbrauchsintensive SUV fahren. Die reichsten 10% verursachen in Deutschland fast so viel Treibhausgase wie die ärmere Hälfte der Bevölkerung – weltweit sogar 5mal so viel.[1] Wer also CO2-Ausstoß subventioniert, indem die Kosten der Klimakrise auf die Allgemeinheit verlagert werden, subventioniert vor allem die Reichen. Mit dem gleichen Argument könnte man auch Champagner auf staatliche Kosten günstiger machen, damit die Ärmeren sich zu Silvester ein halbes Glas besser leisten können. Auf diese Idee käme keiner. Und genau so zynisch ist es, mit Verweis auf die Defizite der Sozialpolitik keinen ehrlichen Preis auf CO2 zu erheben. Die Einnahmen aus dem CO2-Preis könnten pro Kopf an alle Menschen gehen, dann hätten die Ärmeren einen finanziellen Vorteil, anstatt geduldig die externen Kosten der Reichen zu übernehmen. Noch besser funktioniert das, wenn Hilfe zum sparsamen Umgang mit Energie leicht zugänglich ist und zum Beispiel durch Contracting nicht an den Kosten für die Investition scheitert. Viel zu oft gelingt es den politischen Kräften, die sich an den entscheidenden Stellen immer gegen die Bekämpfung der Armut und für die Freiheiten der Reichen einsetzen, bei Fragen des Klimaschutzes ihre unsoziale Haltung hinter einem vorgetäuschten sozialen Gewissen zu verstecken.

Es ist beschämend, dass es in unserem Land so viel Armut gibt, dass die notwendigsten Maßnahmen zum Klimaschutz nicht anwendbar erscheinen. Wir müssen Armut endlich auch klimapolitisch bekämpfen, anstatt die Energieverschwendungsprivilegien der Reichen von der Allgemeinheit finanzieren zu lassen!

(1) Es ist unsere Aufgabe als GRÜNE, die politischen Voraussetzungen dafür zu schaffen, allen Menschen die Teilhabe an klimafreundlicher Technologie zu ermöglichen. Wir stehen für eine ambitionierte Klimapolitik, die die Kosten gerecht verteilt. Damit niemand benachteiligt oder ausgeschlossen wird, gilt es soziales und ökologisches Existenzminimum zu verbinden und in klimapolitischen Maßnahmen von Anfang an mitzudenken. Dafür unterstützen wir Initiativen von Städten, Gemeinden und Kommunen bei der Einrichtung von Klimabüros und der Berücksichtigung von Klimaschutzbeauftragten in den öffentlichen Stellenplänen. Gemeinsam mit den kommunalen Vertretungen wollen wir Ideen diskutieren, wie Bürgerbeteiligung in Klimafragen noch besser gelingen kann, z.B. durch Klimaortsbeiräte oder ehrenamtlichen Klima-Scouts.

(2) Schleswig-Holstein, das Land der Energiewende, wird Vorreiter für die sozial-ökologische Transformation! Die Klimawende gemeinsam schaffen und energiepolitisch weiter voranzugehen bedeutet, dass wir uns konsequent für eine sinnvolle soziale Steuerpolitik und effektive Gerechtigkeitslösungen einsetzen. Daher unterstützen wir die Initiative der GRÜNEN auf Bundesebene zur Einführung eines Energiegeldes für alle Bürger*innen, das Bestandteil im „Klimaschutz Sofortprogramm“ aus dem Juni 2019 ist. Wir setzen uns für die Ausweitung von PV-Anlagen ein, die nicht nur bei den ohnehin schon Besserverdienenden ankommt und forcieren stattdessen eine soziale, solidarische Reform der Förderung. Hierzu zählt auch die Vereinfachung der Beteiligung an der Energiewende in kleinem Rahmen, z.B. über eine unbürokratische Lösung Mieter und Bürger von der PV-Anlage auf dem Dach profitieren zu lassen. Die Ausweitung genossenschaftlicher Projekte insbesondere in den Bereichen Ernährung und Energie kann ein wichtiger Beitrag zur Lösung sein.

(3) Die technischen Lösungen für klimaverantwortliches Leben sind längst da und bezahlbar. Die Anwendung setzt professionelles Know-How und eine deutlich veränderte (technische, digitale, bauliche) Infrastruktur voraus. Ob in den Bereichen klimafreundlicher Mobilität, effizienter Energienutzung, nachhaltigen Bauens oder ökologischer Lebensmittelversorgung: Wir erkennen die besondere Bedeutung der hierfür notwendigen Berufe an und wertschätzen die Arbeit der erforderlichen Fachkräfte als maßgebende Träger*innen und Akteur*innen der Klimawende. Daher setzen wir uns nicht nur für die Förderung von Umschulungen und Fortbildungen im Bereich der Erneuerbaren Energien und ihrer Infrastruktur ein, sondern vehement auch für die Ausweitung sowie Stärkung des Berufs- und Ausbildungsangebotes.

(4) Damit die sozial gerechte Klimawende kein leeres Versprechen bleibt, brauchen wir das Engagement von Menschen. Wir setzen uns dafür ein, Ideen für individuelle Anreize zu klimaverantwortlichem Verhalten zu prüfen und entsprechend zu fördern. Daher sollen mögliche steuerliche Anreize geprüft werden, die Arbeitgeber*innen günstige Zusatzleistungen wie z.B. das ÖPNV-Jobticket oder die Nutzung von Dienstfahrrädern ermöglicht. Betriebe mit einem hohen berufsbedingten Bedarf an PKW-Nutzung sollen zudem bei der Umstellung auf Lastenräder, E-Kleinfahrzeuge und E-Autos unterstützt und steuerliche Förderungsmöglichkeiten hierfür geprüft werden. Wir unterstützen den Umstieg vom Auto auf das Fahrrad für den täglichen Arbeitsweg und setzen uns für individuelle Maßnahmen klimafreundlicher Mobilität ein.

Wir wollen:

  • Ein Energiegeld pro Kopf finanziert durch einen Preis auf Treibhausgase, der den tatsächlichen Schadenskosten entspricht – damit Klimaschutz die Armen reicher macht und nicht umgekehrt!
  • Gerechte Besteuerung auch internationaler und digitaler Konzerne, damit alle ihren Beitrag zum Überleben unserer Gesellschaft leisten. Das beinhaltet u.a.: Einführung europäischer Mindeststeuern, mit der Utopie weltweiter Mindeststeuern im Rahmen der WTO; massiver Ausbau der Steuerfahndung; Ausschluss aller Staatshilfen für Unternehmen, die „Steueroasen“ nutzen!
  • Den Grundbedarf an Strom günstig machen und dafür die Ausnahmen bei der EEG-Umlage für Großverbraucher einschränken!
  • Möglichst vielen Menschen den Anschluss an kostengünstige Wärmenetze ermöglichen!
  • Stromabschaltungen reduzieren oder sogar abschaffen, indem stattdessen säumigen Zahler*innen eine Energieberatung zur Verfügung gestellt wird.
  • Die Nebenkosten und Heizkosten durch eine höhere finanzielle Förderung für energetische Sanierungen senken!
  • PV-Anlagen auch für Mieter unbürokratisch und sicher attraktiv machen, Kleinstsolaranlagen regulatorisch ermöglichen!
  • PV-Strom vom eigenen Dach unbürokratischer attraktiv machen!
  • ÖPNV günstiger machen und im ländlichen Raum deutlich mehr Angebote schaffen, um so die Mobilität von Menschen ohne eigenem Auto deutlich zu verbessern und damit auch den Verzicht auf das eigene Auto zu ermöglichen.
  • Mehr Wertschätzung und Unterstützung für Handwerker*innen, die den Großteil der Energiewende praktisch umsetzen!
  • Unterstützung für Betriebe beim Umstieg auf Lastenräder und Elektrokleinfahrzeuge!
  • Förderung des Berufs- und Ausbildungsangebots inkl. Umschulungen und Fortbildungen in den Bereichen der Erneuerbaren Energien und ihrer Infrastruktur!
  • Unterstützung von Städten, Kommunen und Gemeinden bei Initiativen zur klimapolitischen Bürgerbeteiligung und Information, z.B. durch Klimabüros, Klimaschutzbeauftragte, ehrenamtliche Klima-Scouts oder Klimabeiräte!

 

[1]Oxfam(2015): Extreme Carbon Inequality. Why the Paris climate deal must put the poorest, lowest emitting and most vulnerable people first, S.4+9. Abgerufen am 25.5.2020 unter: https://oi-files-d8-prod.s3.eu-west-2.amazonaws.com/s3fs-public/file_attachments/mb-extreme-carbon-inequality-021215-en.pdf

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Beschlossen auf dem digitalen Landesparteitag am 31.10.2020

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